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Hinterhaus A. und M. Pansieri

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Bolschaja-Arnautskaja-Straße 12

Das Hinterhaus in der Bolschaja-Arnautskaja-Straße 12 gehört zu den wenig bekannten Bauten des Architekten Adolf B. Minkus. Auf den ersten Blick kommt es durchschnittlich daher, stellt jedoch ein interessantes Beispiel des frühen rationalistischen Jugendstils dar.

Gebäudeart:

  • Hinterhaus, Mietshaus

Baustil:

  • rationalistischer Jugendstil

Architekt:

  • Adolf B. Minkus

Baujahr:

  • 1908

Status:

  • Baudenkmal von lokaler Bedeutung (?)

Die Fassade

Gesamtansicht

Mittelrisalit von unten

Das von der Straße unsichtbare dreigeschossige Mietshaus, das nach Angaben von V. Piljawski 1906-1908 für einen Herrn Serbulow errichtet wurde, zählt zu den Bauten mittlerer Qualität.

Vergleicht man die Angaben von Piljawski mit den Daten aus anderen Quellen aus der Zeit vor der Oktoberrevolution, die das Flurstück Nr. 12 betreffen, erscheinen sie zunächst nicht richtig. Im Verzeichnis «Ganz Odessa» von 1910 sind A. und M. Pansieri als Grundstückbesitzer genannt, laut Verzeichnis von Piljawski gehörten die Häuser Nr. 12, 14 und 16 jedoch Herrn Serbulow. Im Verzeichnis «Ganz Odessa» von 1899 sind die Erben von Pansieri S. Michelewitsch, J. Michelewitsch und Teper als Besitzer der genannten Grundstücke aufgeführt, und sie waren es auch in den 1910er Jahren.

Die Angaben von Piljawski betreffend das Flurstück Nr. 12 sind also doch richtig. Auch in den Unterlagen aus dem Privatarchiv des Architekten Minkus ist Serbulow als Auftraggeber von den drei nebeneinanderstehenden Häusern Nr. 12, 14 und 16 genannt. Es ist wahrscheinlich, dass Serbulow die von Minkus entworfenen Gebäude samt Grundstücken an die in den Verzeichnissen genannten Personen verkaufte. Der Fall ist typisch für Odessa, denn nicht nur Serbulow ließ Häuser bauen, um sie später zu veräußern.

Das von Minkus entworfene Haus wurde auf dem linken Grundstücksteil gebaut und liegt mit der Hinterseite dicht an die Feuermauer des Hauses 14 an. Von allen unter der Nr. 12 aufgeführten Bauten kommt dem Hinterhaus die wichtigste Bedeutung zu: Während die umliegende Bebauung keinen historischen Wert hat, wurde ihm der Status eines Baudenkmals zuerkannt.

Das Haupthaus mit seiner Fassade zur Straßenfluchtlinie ist eingeschossig. Das rechte Hinterhaus ist ein Flurhaus und hat über lange Jahre seinen Originaldekor fast vollständig verloren; die Frontseite wurde nach dem Jahr 2000 fast komplett umgebaut. Möglicherweise stammen die beiden Häuser aus der ersten Hälfte des 19. Jhs., aber die fehlenden Stilmerkmale machen eine zeitliche Einordnung, sei sie nur ungefähr, schwierig.

Dagegen ist das linke Hinterhaus zweifellos architektonisch interessant, und Minkus hat mit seinem Entwurf bewiesen, dass auch Hinterhäuser ihre eigene Ästhetik haben.

Das Haus kommt — typisch für den rationalistischen Jugendstil — komplett ohne Stuckdekor aus.
Die Fassade ist gebosselt und mit Rustikaband verziert. Der in der Mitte der 13 Fensterachsen breiten symmetrischen Fassade liegende Hauseingang stellt das architektonische Hauptelement dar und ist von zwei Pylonen mit abgerundeten Ecken abgesetzt. Plastisch sind die Pylonen an die antike ägyptische Architektur angelehnt und in der Kombination mit dem dunklen Putz verleihen sie der Fassade monumentale Strenge.
Das Hinterhaus ist dreigeschossig und war wohl für insgesamt sechs Mietswohnungen, zwei auf jeder Etage, ausgelegt.

Ähnlich wie die Fassade sind die Wände des Treppenhauses im unteren Teil gebosselt. Das geometrische Muster des Treppengeländers stellt eine aufwändigere Version der Geländerverzierung in späteren, konstruktivistischen Bauten dar.

Das Treppenhaus

Treppengeländer Treppengeländer Treppengeländer Bodenbefestigung des Geländerhalters in Form einer Pfote, ein in den 1910er Jahren verbreitetes Motiv Treppenansicht Verzierung der unteren Wandfläche

Die Treppenabsätze sind mit einfachen weißen Bodenfliesen, die teilweise zerstört sind, ausgelegt; die Treppenstufen sind aus Marmor.

Bodenfliesen
Bodenfliesen

Das geräumige Treppenhaus ist dank großen Mosaikfenstern gut beleuchtet; das Originalmosaik ist leider nicht erhalten geblieben.

Die Fenster

Treppenhausfenster zwischen dem Erdgeschoss und 1. Stock Treppenhausfenster zwischen dem Erdgeschoss und 1. Stock (Außenansicht) Treppenhausfenster zwischen 1. und 2. Stock

Auf den beiden Seiten des Hauses wurden Diensttreppenhäuser errichtet, die in einer solchen Geräumigkeit selten anzutreffen sind. Die aus Metall gefertigten Treppen stellen sehr wahrscheinlich keine Originale dar.

Diensttreppe

Die Ausgestaltung des Hauses insgesamt und insbesondere die strenge Geometrie der Fensterrahmen im Treppenhaus lassen darauf schließen, dass es möglicherweise später errichtet wurde als offiziell angegeben. In der Architektur bekam Geometrie im Dekor ab den 1910er Jahren eine breite Anwendung, die Entwürfe von Minkus aus den 1900er Jahren zeichnen sich aber durch Eklektizismus und Stilisierung aus, wovon sich der Architekt relativ spät verabschiedete.

Literatur- und Quellenverzeichnis

  • V. Piljawski «Zodtschije Odessy» (Die Architekten von Odessa)
  • V. Piljawski «Architektura Odessy. Stil i wremja» (Die Architektur von Odessa. Stil und Zeit)
  • V. Piljawski «Zdanija, soorushenija i pamjatniki Odessy i ih zodtschije» (Häuser, Bauwerke, Denkmäler von Odessa und ihre Architekten)
  • Artikel zum Haus im Blog Antique

Von:

2016  
Ctrl →Villa Morton